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Die Jatropha-Pflanze in Ecuador

Genügsam, widerstandsfähig und eine nachwachsende Energiequelle: Jatropha galt einige Zeit als Wunderwaffe gegen Energieprobleme in Entwicklungsländern. Die Euphorie ist inzwischen gedämpft. Doch dort, wo die Pflanze ohnehin wächst, kann sie einen wertvollen Beitrag zur Energiegewinnung und zum Bodenschutz leisten. Ecuador mit seinen Galapagos-Inseln geht hier mit gutem Beispiel voran.

Auf sie wurde jahrelang viel Hoffnung gesetzt: Die Jatropha- Pflanze wächst in tropischen und subtropischen Gebieten unter kargen Bedingungen, bewahrt den Boden vor Degradation, schafft Einkommen – und liefert Öl, das als Biodiesel verwendet werden kann. Nachdem Biokraftstoffe zunehmend der Kritik gegenüberstanden, dass für ihre Produktion Regenwälder gerodet und wertvolle Ackerflächen genutzt werden, setzte ein regelrechter Hype um Jatropha ein. Denn die Nüsse der Sträucher sind giftig und sind somit als Nahrungsmittel nicht geeignet – für Biodiesel aber kann das daraus gepresste Öl hervorragend verwendet werden.

Großflächige Pflanzprojekte für Jatropha in Indien und Afrika wurden geplant, in Gegenden, in denen die Böden ohnehin nicht für den Nahrungsmittelanbau in Frage kamen. Doch nach einiger Zeit zeigten sich die Schwierigkeiten. „Die Nüsse reifen an der Wildpflanze nicht einheitlich, müssen also von Hand geerntet werden. Die Pflanzen eignen sich somit schlecht für den Flächenanbau, da hohe Kosten für Arbeitskräfte entstehen“, sagt Enrique Heinemann, ehemaliger GIZ-Mitarbeiter und Leiter des Projektes ENERGAL, das im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) auf die Stromerzeugung mit Jatropha-Öl fokussierte. Für mehr Ertrag seien außerdem Düngung und künstliche Bewässerung nötig. Letztlich, so Heinemann, würde damit der gezielte flächendeckende Anbau wirtschaftlich zu unattraktiv.

Doch dort, wo die Pflanze ohnehin wächst, ist ihr Nutzen groß. In den flachen Küstenprovinzen Ecuadors etwa pflanzen Bauern seit Generationen Jatropha an, um landwirtschaftliche Flächen abzugrenzen. Zusätzliche Energie daraus zu gewinnen, bot sich daher an.

„Lange war die Energieerzeugung auf dem Archipel der größte Konsument von Erdöl-Derivaten“, sagt Heinemann. Dann rief die Regierung Ecuadors die Agenda „Null fossile Treibstoffe auf Galapagos“ aus, was auch das ENERGAL-Projekt einschloss. Bis zum Jahr 2020, so das Ziel, sollen die Inseln vollständig auf die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien und optimierte Ressourcennutzung setzen.

Um diese Nachfrage zu decken, konnte das Projekt in der Küstenprovinz Manabí auf einige Tausend Kilometer Bestand an Jatropha-Hecken aufbauen, die von den Bauern seit jeher als natürliche Grenzzäune genutzt werden. Erosionsschutz und Humusaufbau sind geschätzte Beiträge der robusten Pflanze, die so den Nahrungsmittelanbau befördert, statt ihm Konkurrenz zu machen. Nur das Öl der Jatropha-Frucht wurde lange nicht genutzt – bis die Galapagos-Inseln Biodiesel brauchten. Durch den Aufbau von Erzeugergenossenschaften, einer kommunalen Pressanlage und Schulungen der Bauern und Bäuerinnen in der Pflege, Ernte und Verarbeitung der Frucht entstand ein neuer lokaler Wirtschaftszweig, der den Bauernfamilien ein zusätzliches Einkommen sichert. Auf den Inseln wurde in intelligente Stromnetze investiert und Techniker im Einsatz von Biodiesel geschult.

Das Konzept hat sich bereits bewährt: Floreana, eine der kleineren Galapagos-Inseln, wird seit Februar 2011 durch zwei mit reinem Jatropha-Öl betriebene Generatoren zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgt. Inzwischen setzt das ecuadorianische Energieministerium, unterstützt durch die KfW Entwicklungsbank im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), ein entsprechendes Projekt auf der Insel Isabela um. Und die Interamerikanische Entwicklungsbank will ebenfalls einsteigen, um nach und nach auch die anderen Inseln auf ihrem Weg zur Emissionsfreiheit zu unterstützen. Mehrere lateinamerikanische Länder haben schon Interesse an dieser Form der Energieerzeugung bekundet. Denn von der Umstellung auf klimaneutralen Strom profitieren Mensch und Natur – und, wenn man es richtig anpackt, auch der Boden.