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Bodenpreise in Deutschland: Der Kampf um bezahlbare Äcker

Der Kampf um landwirtschaftlich nutzbare Flächen nimmt weltweit zu: Während die Weltbevölkerung wächst, geht immer mehr fruchtbarer Boden verloren. Auch in Deutschland wächst die Konkurrenz um die wertvolle Ressource Boden – und führt zu neuen Konzepten, die insbesondere Biobauern unterstützen sollen.

Deutschlands Nachfrage nach Boden wächst rasant. Das spiegelt sich vor allem in den stark gestiegenen Preisen für landwirtschaftliche Grundstücke wider. Die Gründe dafür sind vielfältig: Jeden Tag gehen allein in Deutschland 73 Hektar für neue Wohnungen, Gewerbegebiete und Straßen verloren. Ein Großteil dieser Fläche ist Acker- und Weideland. Hinzu kommen in den vergangenen Jahren vom Staat geförderte Maßnahmen im Zuge der Energiewende. So beschert der Ausbau der Biogasanlagen zahlreichen Landwirten hohe Einnahmen, verschärft aber auch die Konkurrenz um fruchtbare Böden zur Nahrungsmittelproduktion. Auch werden immer mehr Standorte, die vergleichsweise geringe Erträge versprechen, gänzlich aus der landwirtschaftlichen Produktion genommen, anstatt in den Aufbau ihrer Fruchtbarkeit zu investieren. Die bewirtschaftete Anbaufläche verknappt sich, und die verbleibenden, fruchtbaren Standorte müssen immer intensiver genutzt werden – und ihr Preis steigt. Damit wiederum werden auch branchenfremde Investoren angelockt: Seit einigen Jahren kaufen diese vermehrt landwirtschaftliche Flächen oder Betriebe als Kapitalanlage auf. Nach Schätzungen gehen zwischen 20 und 35 Prozent aller verkauften Grundstücke an Nicht-Landwirte. Die Grundstücke dienen dann als wertbeständige Güter, um sich beispielsweise gegen Inflationsverluste abzusichern.

Die Folgen sind spürbar: So nahm zwischen 2007 und 2013 der durchschnittliche Kaufpreis für Ackerland in den alten Bundesländern um 53,7 Prozent pro Hektar zu. In den ostdeutschen Bundesländern war es sogar fast drei mal so viel – ein Anstieg um 156 Prozent. Auch die Pachtpreise zogen in diesem Zeitraum an: im Westen um 25 Prozent, im Osten um etwa 38 Prozent.

Dass branchenfremde Investoren hauptsächlich in Ostdeutschland Boden erwerben, hat einen einfachen Grund: Hier sind die Preise vergleichsweise niedrig und es werden – als Folge der DDR-Landwirtschaft – vorwiegend große zusammenhängende Flächen angeboten. Da die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) ehemals verstaatlichte Grundstücke privatisiert, werden in den ostdeutschen Bundesländern zudem deutlich mehr Agrarfläche zum Verkauf angeboten als in Westdeutschland10. Die BVVG vergibt seit 2007 Land im Regelfall an den Meistbietenden.

Insbesondere Bio-Bauern haben es durch die drastisch gestiegenen Bodenpreise schwer, ihre Flächen zu halten oder zu erweitern. Um mehr Boden für die umweltschonende und ressourcenerhaltende Landwirtschaft zu sichern, hat sich im April 2015 die BioBoden Genossenschaft gegründet. Sie erwirbt Flächen sowie zum Verkauf stehende Betriebe und verpachtet sie langfristig zu erschwinglichen Preisen an Öko-Landwirte.

„Wir wollen besonders junge Bio-Bauern unterstützen, denen oft die Mittel für die Übernahme eines Betriebes fehlen. Denn gleichzeitig geben immer mehr Landwirte altersbedingt oder aus finanziellen Gründen auf und finden keinen Hofnachfolger“, sagt Vorstand Uwe Greff.

Es war Anfang 2007, als sich dreizehn Öko-Landwirte aus der südlichen Uckermark hilfesuchend an GLS Bank und GLS Treuhand wandten – ihre 2.500 Hektar in der südlichen Uckermark drohten durch das Auslaufen der Pachtverträge verloren zu gehen. Dazu wurde die BioBodenGesellschaft als Vorläufer-Organisation der Genossenschaft gegründet. Diese konnte mit dem Geld von 600 Kapitalgebern das Land in der Uckermark sichern. Auf ähnliche Weise ist es etwa auch in Hessen gelungen, Landwirten ihre Flächen zum Anbau erhalten zu können. Inzwischen ermöglichen es verschiedene regionale Organisationen, sich an einzelnen Bio-Höfen zu beteiligen.

Zu den Gründungsmitgliedern der BioBoden Genossenschaft gehören viele Privatleute, 15 Unternehmen aus der Bio-Branche, die GLS Treuhand und die GLS Bank. Die Genossenschaft will möglichst viele Menschen zum Mitmachen bewegen. „Wir sehen unsere Arbeit als gesellschaftlichen Auftrag“, sagt Landwirt Stefan Decke, der zweite Vorstand von BioBoden. „Wer sich gesund und regional ernähren möchte, wird Mitglied bei uns“.

Dass Großteile landwirtschaftlich genutzter Flächen an branchenfremde Investoren verkauft werden, ist auch auf globaler Ebene ein wachsendes Problem. Vor allem in afrikanischen Flächenstaaten südlich der Sahara haben großflächige Landkäufe und -pachten durch Investoren rapide zugenommen. Oft nutzen dort Kleinbauern schon seit Generationen Äcker, Weiden, Wälder und Wasserstellen in ihrer Umgebung. Doch gerade in Afrika sind informelle und traditionelle Eigentums- und Nutzungsrechte nur unzureichend dokumentiert. Bleiben diese Rechte bei Vertragsabschlüssen mit Investoren unberücksichtigt, verliert die ansässige Bevölkerung häufig ihre gesamte Existenzgrundlage. Folgen dieses sogenannten „Land Grabbings“ sind Umsiedlungen, Vertreibung, Hunger und soziale Konflikte. Und Pachtverträge auf Zeit, zum Beispiel für großflächige industrielle Exportwirtschaft, führen häufig auch zur starken Übernutzung des Bodens, sodass dieser langfristig auch an Wert für die lokale Ernährungssicherung verliert.

Landwirtschaftliche Investitionen können wenig entwickelten Ländern allerdings auch neue Chancen zur Produktivitätssteigerung und Marktanbindung eröffnen, vorausgesetzt die Landrechte der Kleinbauern werden respektiert und das Land ressourcenschonend genutzt.